davor

2247 km

2247 km liegen nun vor uns. Wir haben Zweifel ob es Vridolin schafft, den schweren Hänger zu ziehen, wie die Katzen die lange Fahrt vertragen und ob Marcel den ganzen Weg alleine als Fahrer bewältigen kann.

Meine Angst fährt leider immer mit.

Die ersten Zweifel nehmen uns die Katzen nach ungefähr zwei Stunden. Sie ergeben sich ihrem Schicksal und liegen schlafend in ihren Boxen. Casimier hat sich das Katzenklo als bevorzugten Schlafplatz ausgesucht. Wahrscheinlich, weil es näher zu uns liegt und er aus der Frontscheibe schauen kann, wenn er möchte. Soraya liegt eingeengt zwischen Karton (in den sie eigentlich hineingehen soll) und Käfigdecke. Das braucht sie irgendwie, wenn sie nervös ist. Die Enge von beiden Seiten.  Die Fahrt ist, wie jede lange Fahrt, sehr eintönig und erfordert viel Geduld.  Spannend wird es erst wieder vor den Kassler Bergen, die wir mit Tempo 40 langsam hochkriechen. Somit gewinnen wir auch Vertrauen in Vridolin und die nächsten Zweifel sind dabei, sich zu verflüchtigen. Wir schaffen es am ersten Reisetag bis Fehmarn, viel weiter, als ursprünglich gedacht. Ohne Stau und mit überraschend wenig Verkehr. Dort treffen wir uns mit Marcels Eltern, bekommen selbstgemachte Maultaschen und eine warme Dusche. Außerdem sehen wir zum ersten Mal das Meer, von dem wir bald täglich umgeben sein werden. Erschöpft fallen wir ins Bett.

Casimier

Am nächsten Morgen geht´s dann nach einem leckeren Frühstück und einem schweren Abschied weiter. Erstmal in Richtung Corona Testcenter um Marcel für die Einreise nach Dänemark zu testen. In Pandemiezeiten ist das Reisen über Grenzen nicht mehr so einfach wie es einmal war. Mit Negativtest geht es dann weiter zum Hafen. Wir haben Glück und müssen nicht einmal fünf Minuten auf die nächste Fähre warten. Vorher gebucht hatten wir nicht.  190€, ein stolzer Preis für 45 Minuten Überfahrt. Die Katzen alleine im Autodeck lassen zu müssen fällt mir nicht leicht, sie zeigen sich jedoch beide unbeeindruckt. Auf der Fähre sind kaum Passagiere, das Meer ist ruhig und die Fahrt ist schnell vorüber. Wir passierten die Grenze zu Dänemark ohne besondere Vorkommnisse. Kurz waren wir irritiert, als uns ein zweiter Grenzbeamte anhielt, nachdem wir schon durchgewunken worden waren. Er hat mehrmals nachgefragt, ob wir wirklich keine Waffen dabeihätten. Im Nachhinein ist uns der Gedanke gekommen, dass wir uns durch das Jägerschild in der Frontscheibe verdächtig gemacht haben. Dänemark ist nach zwei Stunden Fahrt schon wieder zu Ende (wirklich ein sehr kleines Land) und wir passieren die schwedische Grenze. Auch hier will keiner etwas von uns wissen. Spannend wird es erst wieder gegen 21 Uhr abends, als wir zur norwegischen Grenze kommen. Da wir Ware zu verzollen haben, nutzen wir die rechte Spur – zu unserem Glück, denn an der linken stehen die Autos, wahrscheinlich viele Berufspendler, bestimmt 6 km im Stau und warten darauf, einreisen zu dürfen. Wir fahren am Stau vorbei zu einem Parkplatz, auf dem die LKWs dicht aneinander gereiht stehen. Trotzdem gibt es am Schalter nur eine kaum nennenswerte Schlange. Wir ziehen eine Nummer und warten, bis wir an der Reihe sind. Nach ca. drei Minuten dürfen wir an den Schalter, an dem eine freundliche ältere Dame sitzt. Diese hat viel Geduld und hilft uns, in einer Mischung aus Englisch und Norwegisch, dabei, alle notwendigen Dokumente zu finden und die benötigten Formulare auszufüllen. Nach einer dreiviertel Stunde dürfen wir dann augenscheinlich tatsächlich einreisen. Weder wurden wir nach unserem Impfausweis gefragt, noch wurden unsere Arbeitsverträge eingescannt. Der Feierabend der Beamtin, mit der Nachtschicht im Nacken, kam uns vielleicht entgegen, wir wissen es nicht. Aus diesem Grund können wir es kaum fassen, dass uns die Einreise tatsächlich geglückt sein soll und bleiben erstmal skeptisch, als wir auf die E6 Richtung Oslo einbiegen. Die ersten 10 Minuten warten wir noch darauf, dass uns irgendjemand anhält oder die nächste Zollstation am Horizont auftaucht. Da nichts passiert, weicht die Anspannung langsam der Erleichterung und Freude.

Endlich in Norwegen.

Wir sind vorerst angekommen. Kurz nach Oslo (Oslo am nächsten Morgen im Berufsverkehr zurückzulegen scheint uns keine gute Idee zu sein) legen wir dann erneut Rast ein und gehen schlafen. Darüber freuen sich die Katzen, die jetzt endlich aus ihren Transportboxen dürfen und als Erstes etwas essen und trinken. Das tun sie immer erst abends, wenn sie aus dem Käfig gelassen werden. Während der Fahrt liegen sie nur da und schlafen. So wie wir jetzt.

Am nächsten Morgen starten wir in unsere letzte Tagesetappe. Wir sind beide schon erschöpft und haben keine Lust mehr.  Die 10 Stunden Fahrt, die das Navi anzeigt sind frustrierend. Nach 5 Stunden machen wir erneut Pause für einen kurzen Mittagsschlaf. Wir kommen um zwei Uhr nachts mit den letzten Kraftreserven in unserem neuen zu Hause an, gespannt darauf, was uns erwartet. Die Wohnung ist sehr schön; das zu realisieren gelingt uns gerade noch so. Wir zerren die Matratzen aus dem Anhänger, versorgen die Katzen und fallen erschöpft ins Bett. Trotz der Helligkeit, die immer noch durchs Fenster scheint.

Das erste Foto vom neuen Heim (um 2 Uhr nachts)

Ein Kommentar

  • Cathi

    Hallo liebe Janine,

    vielen Dank für den wundervollen, eindrucksvollen und gefühlsvollen Beitrag von Dir!

    Ich freue mich auf weitere Einträge von Dir aus Eurem Alltag in Norwegen.

    Wir denken an Euch!

    Liebe Grüße Cathi

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