• Norwegen – ein Abschied

    Tschüss Norwegen Ich bin in deinen tiefen Winternächten fast ertrunken. Bin in deinen Weiten fast verlorn gegangen und hab mich in deinen Fjorden fast gefunden. Bin mit deinen Bergen fast über mich hinausgewachsen, stand auf dem Gipfel und sah auf mich hinab um zu sehn, ich kann nicht weitergehn. Nicht weiter über mich hinaus. Bin mit deinen Elchen um die Wette gelaufen und hab mich hinter mir zurückgelassen.Nur ein Schatten in deiner leuchtend hellen Nacht. Hab mich im Polarlicht gespiegelt und zerschlagen was ich sah. Hab meine Träume wieder verlassen, um neue zu ergreifen. Die vor mir flüchtend weiterziehen wie die Vogelschar an deinem viel zu großen Himmelszelt an einem…

  • Rückkehr

    Rückkehr. Ein Wort, an das wir nie zu denken wagten. Jetzt steht es stumm vor uns im Raum, wird mehr und mehr zu einer Möglichkeit, drängt sich uns auf. Rückkehr, verbunden mit Scheitern? Austräumen? Aufwachen? Was heißt es, zurückzukehren? Zu was kehrt man zurück, was wird man dort noch finden, nachdem man die Brücken hinter sich verbrannt hat? Wird die Welt aus Asche sein? Ist der Weg zurück eine Sackgasse oder führt er uns weiter nach vorn? Ich fühle mich, als würde ich in meinem Leben feststecken. Hätte die Orientierung verloren, nachdem ich mir so sicher war, gefunden zu haben, was ich suchte. Doch was genau suchten wir von diesem…

  • März 2022

    Der Kauf unseres Wohnwagens oder: Der Geschmack von Einsamkeit Die Einsamkeit im Tal des Dovrefjells schmeckt nach Aquavit. Die Kulisse der Einsamkeit ist ein verlassener Campingplatz, Dauercamper, die andauernd verschwunden sind. Wir haben soeben Bekanntschaft mit Volker gemacht. Volker wohnt auf einem Campingplatz der in jedem Grashalm, dem der Winter die Lebenskraft entzogen hat, die Trostlosigkeit speichert. Volker lebt in einer der Gästewohnungen, seit 8 Jahren. Seine Falten und die Altersflecken auf seiner Nase erzählen die Geschichte eines Menschen, der sich mit der Einsamkeit angefreundet hat, der gerne in ihr zu wohnen scheint. Er begrüßt uns mit einem norwegisch, dass so von deutsch durchflochten ist, dass wir nach dem ersten…

  • Dunkelheit

          Der längste Tag des Jahres ist der 21. Dezember. Auch in Norwegen. Bei uns geht die Sonne jetzt nicht mehr auf. Sie erscheint erst am 18. Januar wieder über dem Horizont. Uns bleiben trotzdem ungefähr zwei Stunden Licht, zwei Stunden Leben, zwei Stunden Helligkeit bevor die Dunkelheit die Silhouetten der Berge unter einem Tuch versteckt,  die Wiesen zudeckt und Ursache dafür sein wird, dass sich die Blumen nicht mehr an die Oberfläche trauen werden, zu viel Angst haben sie davor in die Dunkelheit hineinzuwachsen. Die Schwärze der Nacht wird von Mond und Sternen liebevoll behütet. Sie schützt die schwächsten Glieder der Kette.  Die Tiere, versteckt vor dem…

  • Rückblick

    Das erste Jahr in Norwegen ist zu Ende.  Ich bin noch weit weg von eingelebt, habe mich angekommen angenähert und nun ziehen wir wieder weiter. Erneutes Aufbrechen, erneutes Einleben, erneutes Ankommen. Wir sind in die Stille gezogen, weit weg von allem, um festzustellen, dass wir uns auch zu weit von uns entfernt hatten, festzustellen, dass wir uns zwar in die Stille und die Abgeschiedenheit verliebt haben, diese aber beruflich zu wenig Entfaltungsmöglichkeiten bietet, uns die Teilhabe an Kultur verwehrt und wir lieber in der Anonymität einer Stadt verschwinden als uns der Neugier der Dorfbevölkerung auszuliefern. Wir wünschen uns ein Speckgürtelleben. Stadtnah und doch abgeschieden, anonym und doch mit freundlichen Nachbarn,…

  • Mein Abschied als Krankenschwester

    Tschüss NBBS2 Meinen letzten Frühdienst saß ich zu Hause, mit Schmerzen im Fuß. Anscheinend ertrage ich keine Abschiede. Die zehn Monate auf der Langzeitabteilung in Kolvereid werden mir immer im Gedächtnis bleiben. Mein erster norwegischer Arbeitsplatz. Es gab Tage, da habe ich es gehasst, zur Arbeit zu fahren, das Aufstehen fiel mir schwer. Das Eintauchen in die norwegische Welt, die norwegische Kultur, den ganzen Tag in einer fremden Sprache zu sprechen und nur wenig zu verstehen. Das Verständnis der Sprache wurde von Tag zu Tag mehr, zeitgleich nahm das Verständnis für die Mentalität und die Arbeitsweise der Norweger ab. Es ist so vieles anders. Ich erinnere mich noch gut an…

  • Neue Wege

    Veränderung Auf neuen Pfaden gehen, Norwegen kennenlernen. Neue Möglichkeiten finden. Abenteuer erleben. Alle Sicherheiten hinter uns lassen. Das ist das Ziel. Wir verkleinern uns, tauschen ein Haus gegen einen Wohnwagen. Frisch renoviert, ein zu Hause auf Rädern. Keinen festen Wohnsitz mehr, das Heim an der Anhängerkupplung, die Zukunft ungewiss. Wir wagen das, was mittlerweile einige in unserem Alter tun, wovon viele sprechen und wovon viele träumen. Wir suchen. Wir suchen einen Platz für uns, eine Arbeit, die uns Spaß macht, ein Lebensziel, einen Sinn in der Welt, unser zu Hause. Ob wir das alles innerhalb des Jahres, dass vor uns liegt, finden werden steht auf einem anderen Blatt geschrieben. Wir…

  • Weihnachten zu Hause

    Wir nähern uns zu Hause. Wir fahren über Heiligabend nach Deutschland zu unseren Familien. Wir fahren jedoch nicht nur zu unseren Familien sondern auch zurück zu Konsum, Stress und gefrorenem Lächeln. Die ersten Stunden über die deutsche, viel zu schnelle, hektische Autobahn. Norwegen beginnt mir zu fehlen. Mir fehlt der Schnee, die Stille, die Weite, der Fjord. Mir fehlen meine Katzen, mein kleines, weißes Haus und der Wald dahinter. Auf der Fähre atmen wir das letzte Mal Meeresluft. Die Luft in Deutschland erstickt, ist sie doch voll von Lärm, von Stress, von Abgasen und von Lichtsmog, der die Dunkelheit verdrängt. Spät am Abend kommen wir bei Marcels Familie an und…

  • Kälte

    Man weiß, dass es kalt ist wenn die Butter in der heißen Pfanne gefriert. Man weiß, dass es kalt ist wenn der Atem zu Rauch kondensiert sobald er die Lungenflügel verlässt. Man weiß, dass es kalt ist wenn man seine Zehen nicht mehr fühlen kann und sich an das Gefühl gewöhnt hat. Man weiß, dass es kalt ist wenn Eisblumen auf dem Geschirr im Schrank erblühen. Man weiß, dass es kalt ist wenn das Feuer im Ofen den Raum nicht mehr erreicht, der Schnee im Topf nicht schmilzt.  Man weiß, dass es kalt ist wenn die Kommunikation vergisst zu sprechen und die Worte erfrieren, bevor sie den Weg zum Anderen…

  • Julebord

    Weihnachtsfeier auf Norwegisch Ich habe nichts zum Anziehen. Das erste Mal, dass dieser Satz wohl tatsächlich der Wahrheit entspricht denn alles, was ein bisschen weniger casual und ein bisschen mehr schick ist habe ich in Deutschland gelassen. Brauchen werde ich es sowieso nicht, dachte ich, und außer meinem Hochzeitskleid habe ich keine weiteren feinen Kleider im Gepäck. Tja, falsch gedacht denn in Norwegen gehören Anzug und Abendkleid auf Weihnachtsfeiern zum must have. Also habe ich die Chance genutzt, mich, mit Mama als Stilberaterin, in Trondheim für die Feier auszustatten. An einem Samstagabend soll die Feier stattfinden. Aus der Einladung kann man die Größe des Festes nicht herauslesen, sieht sie doch…