Nubdalseng

Fünf, sechs Wochen nach unserem Ankommen. Nubdalseng am Straßenrand. Tagelang fuhr ich vorbei. Am Schild  “Nubdalseng Gård”.
Jedes Mal mit dem Gedanken im Kopf: schau nach, was das ist. Fünf Minuten später, zu Hause angekommen, der Gedanke wieder fort. Fünfmal aufgeschoben. Vergessen. Beim sechsten Mal dann doch dran gedacht. Nubdalseng. Ein Hof, zwei Ostfriesen. Ausgewandert vor 12 Jahren. Ein Hof, ökologisch, am Fjord gelegen. Abseits von allem. 1,7km von der Straße entfernt. Schafe, Beeren, Einsamkeit. Ein Café.
Jeden Sommersonntag. 12 bis 6. Notiz unter dem Schild. Geschlossen. Aufgrund von Todesfall. 
Jeden Sonntag die neue Hoffnung auf Kuchen und Kennenlernen. Dann, drei Wochen später, geöffnet. 
Wir, hin. Zweifel. Auf Menschen zugehen? Empfangen mit offenen Armen und Herzen und skeptischen Blicken. Norweger. Erklären.
Wer sind wir, wieso, wann?. Selbstgebackenen Kuchen essen. Freude empfinden. Endlich Menschen, die denken wie wir.
Von denen wir vielleicht lernen können. Biologische Landwirtschaft. Leben in Norwegen. Gemüseanbau.
Hilfe anbieten. Beeren pflücken. Nicht gegen Geld, gegen Gemüse. Ungespritzt. Ohne Chemie. Nur aus der Erde. 

Pflücken. Langsam. Beere für Beere für Beere. Ruhe. Idylle. Sonne, die von oben wärmt. Süße, klebrige Beeren. Viele. Mit Stacheln und ohne. Mediation. Nachdenken. Zeit. Wahrnehmen, spüren, einatmen. Beere für Beere, Strauch für Strauch. Gramm für Gramm bis daraus Kilos werden. Kilos voller Glück. Rote Hände, rote Münder, rote Herzen. Viel Arbeit für zwei. Tonnenweise Beerenglück.
Fjordblick. Wale suchen. Keine finden. Dafür Freude. Entschleunigung. Freundliche Gespräche. Stille mit sich selbst. Viel zu wenig Zeit.
Der Sommer, viel zu kurz. Die Arbeit. viel zu viel. Spätdienst. Frühdienst. Dazwischen Beeren. Herbst. Winter. Sträucher kahl. Habe ich die Schafe erwähnt? Weich. Flauschig. Selbstständig. Viel Platz. Viel Freiheit. Viel Bewegung. 90 Lämmer. Tot. Fleisch. Fell. Herbst. Lecker. Beeren und Schafe. Und Arbeit. Erfüllung.?!